1. März 1948

Brief von Papst Pius XII an die deutschen Bischöfe

Akten Sr. Heiligkeit Papst Pius’ XII.

Schreiben des Heiligen Vaters an die deutschen Bischöfe.

Unseren geliebten Söhnen

Michael Kardinal von Faulhaber,
Erzbischof von München-Freising,

Joseph Kardinal Frings,
Erzbischof von Köln,

Konrad Kardinal von Preysing,
Bischof von Berlin,

sowie Unseren ehrwürdigen Brüdern,
den Erzbischöfen, Bischöfen und übrigen Ordinarien
Deutschlands

Pius PP. XII.

Geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder,
Gruß und Apostolischen Segen!

Zum letzten heiligen Weihnachtsfest und zum Jahreswechsel sind Uns von Seiten der deutschen Bischöfe zahlreiche Schreiben zugegangen, die der unverbrüchlichen Verbundenheit der Kirche in Deutschland mit dem Hl. Stuhl und auch mit Unserer in den Mühen und Verantwortungen des obersten Hirtenamtes stehenden Person so einstimmigen und innigen Ausdruck verliehen, dass Wir nur mit Rührung von ihnen Kenntnis nehmen konnten und sie Uns mit großem Trost erfüllten.

Nachdem der deutsche Episkopat durch einen seiner würdigsten und erprobtesten Vertreter Uns hat wissen lassen, dass die Beantwortung der Einzelbriefe mit einem an alle gerichteten Schreiben im verflossenen Jahr dankbar und freudig begrüßt wurde, sind Wir gewiss, auch diesmal ihren Wünschen entgegenzukommen, wenn Wir die Gedanken, die ihre Schreiben in Uns anregten, für sie gemeinsam in diesen Zeilen niederlegen. Wir überlassen es ihrem weisen Ermessen, wie sie Unsere Worte zur Kenntnis des ihnen anvertrauten christlichen Volkes bringen wollen, das in den unsagbaren Prüfungen und Leiden der Gegenwart einen doppelten Anspruch darauf hat, das Herz und die Hirtensorge des Stellvertreters Christi sich nahe zu wissen.

Lasst Uns, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, eines vorwegnehmen: Was Uns in euren Zuschriften am innerlichsten erfreut hat, ist der dankbare Widerhall, den Unsere karitativen Bemühungen um die Linderung der Not im Nachkriegsdeutschland bei euch, eurem Klerus und eurem Volke finden.

Deutschland, das noch vor einem Menschenalter blühende, von Kraft strotzende, reiche und industriemächtige Land, ist einem zermürbenden Verarmungsprozess anheimgefallen: durch den Krieg verbraucht und tief verschuldet, durch Kriegszerstörungen weithin verheert, durch die Kriegsfolgen eingeengt, maßlos übervölkert und mit einem unnatürlichen Missverhältnis der Geschlechter und Altersstufen belastet. In eine wirtschaftliche Lage gezwungen, die dem Wiederaufbau alle nur erdenklichen Hindernisse in den Weg legt, muss es mit allgemeiner Armut auf lange Sicht rechnen und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zunächst auf ein Ziel hinsteuern: dass wenigstens das Existenzminimum gewahrt und gerettet werde.

Wir kennen diese Not in ihrer ganzen erschütternden Größe, in ihrer zerstörenden Wirkung auf die physische Lebenskraft und die seelische Gesundung eures Volkes. Wir wissen um die verheerenden sittlichen Folgen dieser Not vor allem für die Jugend, die Frau, die Familie und jenen Grundstock von sozialer Ordnung, ohne den eine christliche Kultur nicht zu bestehen vermag. Wir wissen auch, dass selbst jenes erste Ziel ohne starke Hilfe von außen nicht erreicht werden kann.

Wir werden deshalb nicht müde, öffentlich und noch mehr in vertraulicher Beratung Vernunft und Gewissen der Welt und der führenden Männer sowie den Brudersinn der Gläubigen anzurufen und ihnen begreiflich zu machen, dass, wie die Dinge heute liegen, der planvolle, auch unter Opfern durchzuführende Kampf gegen die Not in Deutschland und anderen Mangelländern die gemeinsame Pflicht aller noch gebefähigen Länder und Völker ist. Selbst wenn in den Kriegsjahren von deutscher Seite Schwerstes und Grauenvolles über sie dahinging, mögen sie weitherzig genug sein, Vergangenes zu vergessen und auch euch sowie ganz Europa und der ganzen Menschheit die Hoffnung auf ein besseres Morgen im Zeichen der Liebe zu schenken.

Was euch an Gaben zugeht aus der katholischen Welt, durch Uns selbst oder auf anderem Wege, möge euch als sichtbarer Erweis Unserer Gesinnung und Unserer Bemühungen gelten und in euren Gläubigen das Bewusstsein wach halten, dass sie, auch wenn vereinsamt, entwurzelt und heimatlos geworden, immer eine Heimstätte haben im weiten Vaterhaus der katholischen Kirche und im Familiengeist ihrer Kinder.

Gott dem Herrn, der die Herzen wie Wasserbäche lenkt, und den Ungezählten und Ungenannten, die auf Unsere Stimme hörten, sei inniger Dank gesagt, dafür, dass dem Hilferuf des obersten Hirten ein weltweites Echo geantwortet hat. Nur dadurch konnten Wir, so wie in anderen Ländern, auch in Deutschland Kinder und Jugendliche, Heimkehrer und unfreiwillige Arbeitslose, Alte und Kranke, Heimat- und Obdachlose an den Liebesopfern der katholischen Weltkaritas teilnehmen und fühlen lassen, dass das Reich Christi nicht Sieger und Besiegte, sondern nur Hilfsbedürftige und Hilfsbereite kennt.

Ihr habt Uns, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, auch im Namen der Bedachten immer wieder warmen und herzlichen Dank ausgesprochen. Wir bitten euch und eure Gläubigen, die ganze Fülle und Aufrichtigkeit eures Dankes jenen edlen Brüdern und Schwestern zuzuwenden, deren Gebefreudigkeit die Hand des Nachfolgers Petri nie leer werden ließ und hoffentlich auch in Zukunft nicht leer werden lassen wird für die Scharen der Bedrängten und Darbenden diesseits und jenseits der Alpen in Europa und in anderen Kontinenten.

Es erfüllt Uns mit Genugtuung, aus den Zuschriften führender und auf eine reiche Erfahrung zurückblickender Mitglieder des Episkopats zu ersehen, dass die technisch-organisatorische Behandlung der Liebesgabensendungen – dank der Unterstützung durch geschulte und opferfreudige Hilfskräfte, vor allem durch den hoch bewährten Karitasverband – sich immerfort vervollkommnet und dass alle an dem Liebeswerk Beteiligten danach streben, den leider begrenzten Mitteln ein Höchstmaß der Planung und unparteiischen Verteilung zu sichern. Die Uns darüber gemachten Mitteilungen finden Unsere Billigung, nicht zuletzt auch der Grundsatz, dass echte Not – auch außerhalb der Glaubensgenossen – in weitherziger Bruderliebe berücksichtigt wird.

Besondere Berücksichtigung werde immer die Ostflüchtlinge verdienen, die aus ihrer Heimat im Osten zwangsweise und unter entschädigungsloser Enteignung ausgewiesen und in die deutschen Zonengebiete überführt wurden.
Wenn wir auf sie zu sprechen kommen, so beschäftigt Uns hier nicht so sehr der rechtliche, wirtschaftliche und politische Gesichtspunkt jenes in der Vergangenheit Europas beispiellosen Vorgehens. Über die genannten Gesichtspunkte wird die Geschichte urteilen. Wir fürchten freilich, dass ihr Urteil streng ausfallen wird. Wir glauben zu wissen, was sich während der Kriegsjahre in den weiten Räumen von der Weichsel bis zur Wolga abgespielt hat. War es jedoch erlaubt, im Gegenschlag zwölf Millionen Menschen von Haus und Hof zu vertreiben und der Verelendung preiszugeben? Sind die Opfer jenes Gegenschlags nicht in der ganz überwiegenden Mehrzahl Menschen, die an den angedeuteten Ereignissen und Untaten unbeteiligt, die ohne Einfluss auf sie gewesen waren? Und war jene Maßnahme politisch vernünftig und wirtschaftlich verantwortbar, wenn man darüber hinaus an den gesicherten Wohlstand von ganz Europa denkt? Ist es wirklichkeitsfremd, wenn Wir wünschen und hoffen, es möchten alle Beteiligten zu ruhiger Einsicht kommen und das Geschehene rückgängig machen, soweit es sich noch rückgängig machen lässt?

Was jedoch als schwerste Hirtensorge auf Uns und euch lastet, ist die religiöse Not der Ausgewiesenen. Nicht der in überwiegend katholische Gebiete Verpflanzten, wo sie das Gotteshaus, den Priester, die katholische Schule und das ganze kirchliche Leben finden, wie es in der alten Heimat ihr eigen war. Aber die Not jener anderen – und es sind einige Millionen – katholischen Flüchtlinge, jetzt zerstreut in weite Gebiete, in denen die katholische Kirche seit der Glaubensspaltung kaum wieder Fuß gefasst hatte, wo das kirchliche Leben erst ganz von Grund aus aufzubauen ist. Was Wir vernehmen von den endlosen Schwierigkeiten, diese oft durch kaum übersteigbare Zonengrenzen von ihrer Diözese abgeschnittenen Gebiete zu verwalten, von ihrem Priestermangel, von der unvorstellbaren Überlastung der dort eingesetzten Priester, von der religiösen Verlassenheit und Gefährdung der dorthin verschlagenen katholischen Flüchtlinge, der Erwachsenen und besonders der Kinder, das alles wirkt erschütternd und lässt Uns an den deutschen Klerus, den Welt- wie Ordensklerus, die Ordensschwestern und die kirchlichen Hilfskräfte aus dem Laientum die inständige Bitte und Mahnung richten, das letzte Verfügbare einzusetzen, um dieser an sie gestellten Aufgabe nach Möglichkeit Herr zu werden.

Wenn Wir seinerzeit einen von euch, Bischof Maximilian Kaller, mit den Sonderbelangen der Flüchtlingsseelsorge betrauten, so galt seine Sendung an erster Stelle der Behebung des Priestermangels in jenen Diasporagebieten. Er ist an seine Arbeit herangetreten mit der Tatkraft und Opferfreudigkeit, die ihm eigen waren, wurde aber zu Unserem großen Schmerz unerwartet schnell in die Ewigkeit abberufen und hat die Ausführung jener Sendung unfertig, ja in den Anfängen zurücklassen müssen. Inzwischen sind die völlig neuen kirchlichen Verhältnisse, die durch die Bevölkerungsumschichtung in eurem Land geschaffen wurden, erst richtig in Erscheinung getreten. Sie werden auch umfassendere Maßnahmen notwendig machen. Dabei zweifeln Wir nicht, dass der deutsche Klerus, auf den ganzen Ernst der Lage einmal aufmerksam geworden, sich dem apostolischen Werk, das hier seiner harrt und sofortige Inangriffnahme dringend heischt, gerne und über das streng Pflichtmäßige hinaus auch freiwillig zur Verfügung stellen wird.

Wir haben in den Tagen, da Wir in eurem Vaterland wirkten, die Glaubensfreudigkeit und Glaubenstreue der ostdeutschen Katholiken kennen und schätzen gelernt. Wie lebendig ist in Uns noch vom Jahre 1926 her die Erinnerung an die stolze Heerschau des katholischen Deutschlands in Breslau, die ja der Hauptsache nach eine Heerschau des katholischen deutschen Ostens war, ein „gewaltiger Ausdruck katholischen Denkens und treuer Hingabe an Kirche und Papst“, wie Wir selbst damals, von Breslau nach Berlin zurückgekehrt, ergriffen an den hochseligen Kardinal Adolf Bertram schrieben. Nur mit Wehmut können Wir heute jener Tage gedenken angesichts des furchtbaren Verhängnisses, das inzwischen über die ostdeutsche Bevölkerung hereingebrochen ist.

Die katholischen Ostflüchtlinge sollen wissen, dass die Bande, die sie heute mit dem Oberhaupt der Kirche zusammenschließen, noch enger sind als jene, die sie damals mit dessen Vertreter verbanden. Wir erwarten Unsererseits von ihnen, dass sie sich von der zermalmenden Wucht ihrer Not nicht irremachen lassen an dem Glauben, den ihre Väter und Mütter, ihre Seelsorger und Bischöfe in ihre Kinderherzen gesenkt haben. Mag der Taufstein ihrer Pfarrkirche zerstört oder ihrem Blick nicht mehr zugänglich sein: das Taufgelübde von einst folgt ihnen in die Verbannung und heischt Erfüllung. Deshalb hat es Uns auch mit Freude erfüllt, zu hören, dass von denen unter ihnen, die in härteste Diaspora, in glaubensfremde und glaubensarme Umgebung verschlagen wurden, nicht wenige nach ihrer Art und heutigen Verhältnissen entsprechend das Wort des frommen Tobias an seine Volks- und Glaubensgenossen wahr machen: „Deshalb hat er (Gott) euch unter die Heiden zerstreut, damit ihr seine Wunderwerke verkündet und sie zur Erkenntnis führt, dass es keinen anderen allmächtigen Gott außer ihm gibt“ (Tob. 13, 9). Wenn sie heute unter Tränen säen, möge aus ihrer Saat hundertfältige Frucht für das Reich Gottes auf deutschem Boden aufsprießen.

Die Unterbringung von zwölf Millionen Menschen auf einem von Krieg und Niederlage schwer getroffenen und durch die Abtretung weiter Gebiete verengten Boden hat Leiden, Notstände und Schwierigkeiten geschaffen, die zu meistern bis jetzt die Möglichkeiten fehlen. Dann mögen die katholischen Ostflüchtlinge aber begreifen, dass auch der Aufbau des kirchlichen Lebens und der Seelsorge unter ihnen Zeit und Geduld brauchen. Um so mehr erhoffen Wir, dass die anderen, denen die Bitternis der Heimatlosigkeit erspart geblieben ist, den Zugewanderten hilfsbereit entgegenkommen, auch wenn von ihrem Eigennutz harte Opfer verlangt werden. Verstehende brüderliche Gesinnung auf der einen, Anspruchslosigkeit und Erkenntlichkeit auf der anderen Seite, beides im Geist und aus der Kraft Jesu Christi, des gottmenschlichen Vorbilds, wird jene Notstände zwar nicht beseitigen, aber wenigstens erträglicher gestalten. Mit dem hl. Petrus sagen Wir euch allen, besonders jedoch den Ostflüchtlingen: „Beugt euch in Demut unter Gottes mächtige Hand, damit er euch zur rechten Zeit erhöhe. Werft all eure Sorge auf ihn; denn er nimmt sich euer an“ (1. Petr. 5, 6.7).

Aus euren Schreiben, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, wie aus zahlreichen anderen Quellen entnehmen Wir mit Genugtuung, dass trotz aller äußeren Hemmungen und der zermürbenden Sorgen des täglichen Lebens die Besinnung auf die großen Aufgaben der Kirche unter euren Gläubigen an Lebendigkeit gewinnt, wenn auch die Schäden, welche die letzten fünfzehn Jahre dem religiösen Leben gebracht haben, sehr fühlbar sind und ihre entsittlichenden Folgen das Land fast ebenso wie die Stadt erfasst haben. Mit Freude hören Wir, dass in weiten Gebieten die katholische Schule wiedererstanden ist und dass die Kinder große Aufgeschlossenheit für das Religiöse zeigen. Setzt alles daran, dass die Rechte der Kirche und der Eltern auf das Kind und seine Schule volle Wahrung erfahren und dass die Familie eine Pflegestätte gemeinschaftlichen religiösen Lebens bleibt oder von neuem wird.

Mit Befriedigung hören Wir auch vom Wiedererstehen und Erstarken der katholischen Organisationen. Das alles zeugt von Leben und eifrigem Wollen, wenn nur, was die Zahl, die Ausdehnung, die Zentralisierung und die bedingte Selbstständigkeit der Organisationen angeht, im Auge behalten wird, dass sie Mittel zum Zweck sind und nie Selbstzweck werden dürfen. Ihr Ziel ist der lebendig gläubige Einzelmensch, blühendes christliches Familienleben, dem sie nie Abtrag tun sollen, das Gesamtwohl der Diözese und die Behauptung der katholischen Grundsätze in der Erziehung wie im ganzen sozialen und öffentlichen Leben. Mögen sodann über den Organisationen – es gilt dies besonders für die Jungmänner und Jungmädchen – nicht die Vielen vergessen werden, die außerhalb ihrer Reihen stehen, die vielleicht sogar der Kirche und dem religiösen Leben entfremdet sind. Es wird immer eine Aufgabe von euch oder gerade der Organisationen sein, sie zurückzugewinnen. In diesem Zusammenhang begrüßen Wir die bei euch erfolgte Gründung der „Christlichen Arbeiterjugend“.

Immer, wenn es gilt, nach Zeiten langer Kämpfe und schwerer Verfolgungen Wege in eine neue Zukunft zu bahnen, ist es unvermeidlich, dass Meinungsverschiedenheiten auftauchen, sowohl in der nachträglichen Beurteilung dessen, was geschehen, wie in der Sichtung und Abschätzung dessen, was nunmehr zu tun ist. Wir wissen um Missklänge, die es im Laufe solcher Auseinandersetzungen gegeben hat, und denken, das noch weitere folgen können. Wir hegen das Vertrauen zu euch, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, dass ihr in eurer Weisheit und Güte die richtige Mitte finden werdet zwischen zu langem und zu gefährlichem Gewährenlassen zersetzender Einflüsse und vorzeitiger Drosselung von geistigen Auseinandersetzungen, die, in rechten Grenzen und würdiger Form gehalten, die Gutdenkenden zu wertvollen Erkenntnissen und zur Klärung der gemeinsamen Ziele führen können. Von der katholischen Laienwelt Deutschlands erwarten Wir mit väterlichem Vertrauen und unverminderter Zuversicht, dass sie, immer bereit, den Weisungen ihrer Bischöfe zu folgen, in treuer Verbundenheit mit dem ihre Leiden und Freuden, ihre Sorgen und Hoffnungen teilenden Klerus – so wie in den besten Zeiten ihres Ringens und Schaffens während der letzten hundert Jahre – den ganzen Reichtum der katholischen Überzeugung und der christlichen Lebensführung ihrem Vaterland in seiner schwersten Stunde und tiefsten Not zur Verfügung stellt, in lebendigem, unbeirrbaren Glauben, wirklichkeitsnah, den Blick immer auf die großen und entscheidenden Aufgaben gerichtet.

Im Laufe dieses Jahres begeht das katholische Deutschland bedeutungsvolle Jahrhundertfeiern von Ereignissen aus längst vergangener und neuerer Zeit: die Siebenhundertjahrfeier der Grundsteinlegung des Kölner Doms, seines mächtigen Wahrzeichen; die Achthundertjahrfeier der Apostelbasilika von St. Matthias in Trier; die Jahrhundertfeier der deutschen Katholikentage im „goldenen Mainz“.

Mit Ergriffenheit gedenken Wir der Stunden, in denen bei unvergesslichen Feiern die Weihe eurer Heiligtümer Uns die Seele erfüllte, und Trauer bedrückt Uns bei dem Gedanken, dass ihre Türme, wo sie noch stehen, heute weit hinaus in ein verwüstetes und hoffnungsarmes Land ragen. Doch gerade so ist Uns die Kunde, dass ihr die genannten Gedenktage feierlich begehen wollt, Unterpfand eures Lebensmuts und eurer Lebenskraft. Wir nehmen jene drei Jahrhundertfeiern als Sinnbild dafür, dass euer katholisches Volk in sein Wiederaufbauwerk nicht nur die Mauern und Türme seiner vom Krieg vernichteten und geschädigten Gotteshäuser, seiner Wohn-, Arbeits- und Bildungsstätten einbeziehen will, sondern ebenso die unentbehrlichen geistigen Werte einer glaubensstarken und ruhmvollen, an führenden Gestalten reichen Vergangenheit, über welche der Name des großen Bischofs Wilhelm Emanuel von Ketteler in wegweisendem Glanz leuchtet.

Einem katholischen Deutschland, das im Zeichen Kettelers an seinen wirtschaftlichen, geistigen und religiösen Wiederaufbau herangeht, kann die Zustimmung derer nicht fehlen, die guten Willens sind, gleichviel ob in den eigenen Reihen oder in den Reihen der anderen, noch der Segen des allmächtigen Gottes.

In dieser tröstlichen Erwartung erteilen Wir euch, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, euren Mitarbeitern, eurem Klerus und eurem gesamten gläubigen Volk in stets gleicher väterlicher Liebe den erbetenen Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei Sankt Peter, am 1. März 1948, im neunten Jahre Unseres Pontifikates.

Pius PP. XII.

Quelle: Kirchlicher Anzeiger Köln, 88. Jahrgang, 1. Mai 1948